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Morgen abend, morgen abend

Morgen abend, morgen abend? Was ist denn dieser Abend? Er wird für mich um fünf Uhr früh angangen. Morgen, das ist heute, Gott sei Dank, gestern ist vergangen. Ich werde also um neun Uhr an Ihrer Tür sein; man wird mir sagen, daß Sie nicht zu Hause sind. Ich werde um 10 rund um 11 da sein; wird man mir noch immer sagen, Sie seien nicht zu Hause?

Ich leide im vorhinein unter allem, was ich noch leiden werde. Ich wette, daß Sie mir nicht glauben, denn Sie kennen mich ja gar nicht. In mir ist ein geheimnisvoller Punkt. Solange man ihn nicht erreicht, bleibt meine Seele unbewegt. Sobald man ihn nicht berührt, ist alles entschieden. Es ist vielleicht noch Zeit. Ich denke an nichts als an Sie, aber ich kann mich vielleicht noch bekämpfen. Seit den letzten zwei Tagen sehe ich nichts anderes als Sie. All Ihr Reiz, den ich immer gefürchtet habe, ist in mein Herz eingefallen. So sehr, daß ich kaum zu atmen vermag, während ich Ihnen schreibe. Hüten Sie sich, Sie können zu unglücklich machen, als daß Sie nicht selbst darüber unglücklich würden: ich habe nur immer einen Gedanken. Sie haben es gewollt. Dieser Gedanke sind Sie. Politik, Gesellschaft, alles ist verschwunden. Ich komme Ihnen vielleicht verrückt vor; aber ich sehe Ihren Blick, ich wiederhole mir Ihre Worte, ich sehe diese Züge eines Mädchens, die so viel Anmut mit so viel Feinheit verbinden.

Benjamin Constant an Mme. Récamier | 3. September 1814

 

Donnerstag abend

Donnerstag abend, 8 Uhr. – ich mache diesen Gedankenstrich und sehe aus dem Fenster. Über dem Deister ist es rot und so wölkigt helle, als wollte es eine beständige gute Witterung werden – und so ungefähr ist mir diesen Ab end meine Gesundheit, von der ich jetzt überhaupt sehr zufrieden bin. – Mein Leben ist jetzt ein ruhiger Traum eines schwachen, aber ruhigen und zufriedenen Genesenden, den seine Phantasie zwar nicht in muntere, frohe Örter bringt, den sie aber in dunklen Gegenden weidet und erquickt, dem sie bisweilen einen Wunsch versagt, den sie von der anderen Seite dann aber wieder mit Anmut und Wärme belebt.

Man vergleicht oft das menschliche Leben mit einer Pflanze – und der Mensch hat auch in der Tat vieles mit der Pflanze ähnlich. So lange er wächst, ist er weich und biegsam, man kann ihm jede Lage, jede Gestalt willkürlich machen, zu allem lenken, wenn es nur nach und nach geschieht. –

Er ist Trieb – weit um sich scheint seine Grenze ihm noch zu eng. Nun aber hat er sein Wachstum vollendet, nun wird er stärker – er stehet ruhiger, er findet schon seine Beschränkung. – So stehet die Pflanze vor der Blüte – erholt sich – und dann bricht sie aus ihrem größten Glanze – da stehet sie in ihrer Vollkommenheit zum Wohlgefallen des Schöpfers, zur Freude und Wonne der ganzen Natur. – Und dies, liebes Klärchen, ist die Liebe, ist die Reife, die Vollkommenheit unseres irdischen Daseins; und so wie die Blüte die Vollkommenheit der Frucht entwickelt, so —. So wohltätig ist die Natur. Ihre innere Wärme, ihre wirkende Kraft ist Wonne und Bereitung zu höheren Vollkommenheiten.

Wie die Menschen noch so bang vor der Zukunft sein können, wie sie sich quälen können,m da doch die Natur so allgütig in uns wirkt, Freude und Wonne in uns entzündet, wenn wir uns ihr nur in die Arme werfen, wenn wir uns nur der wohltätigen Belebung des Schöpfers überlassen!…

Gerhard von Scharnhorst an Klara Schmalz

Wenn Du sähest

Wenn Du sähest, wie ich weine, meine Sophie! Ist es denn eine Schande für ein unglückliches und gefühlvolles Wesen, Tränen zu vergießen? Ach, das ist das einzige Süße, was mir bleibt. Denn wenn ich weine, mischt sich in meine Traurigkeit eine gewisse unerklärliche, aber wirkliche Wollust. Oh, meine Freundin, welch ein Gefühl ist die Liebe, da sie so grausame Leiden lindern kann! Wir danken ihr die Kraft, unsern Schmerz zu ertragen, wie wir ihr unsere Entzückungen gedankt haben. Aber das Gefühl des Verlustes ist ebenso lebendig wie das des Genusses und viel dauerhafter. Ach, ich habe alles Glück der glücklichen Liebe gekostet. Nun erfahre ich alle Leiden der verfolgten Liebe… Ich wage nicht zu urteilen, aber ich weine und habe nicht genug Seufzer für alle meine Leiden. Welcher Mut würde ihnen nicht unterliegen, Geliebte? Welche Kraft soll ich nicht unter einer solchen Last zeigen? Kann in mir ein Gedanke, eine Empfindung, ein Gefühl erblühen, das nicht ihr Gewicht vermehrt?

Der gewöhnliche Mensch findet, daß Mut dazu gehört, nicht den Tod zu fürchten. Sollte man nicht sagen, daß sie sehr glücklich sind? Nein, sondern sie lieben nur sich und sind indes stets außer sich. Sie haben tausend Wünsche, tausend Neigungen und nicht eine Leidenschaft. Ach, wenn sie einen einzigen Gegenstand liebten, der ihre ganze Hoffnung machte, der alle ihre Neigungen vereinigte, alle ihre Wünsche! Wenn sie ihn dann verlören, würden sie nichts mehr fürchten, sie würden tollen Schrecken trotzen.

Die Überlegung und der Verstand genügen sicher, den Wert des Lebens herabzusetzen. Aber die Leiden des Herzens lassen ihm keinen mehr. Ach, wer möchte es denn besitzen, wenn er sich seiner nicht mehr erfreuen kann! Ach, Sophie, wir brauchen viel mehr Mut, nicht den Tod zu wünschen als ihn nicht zu fürchten. Da die Zeit, deren übermäßige Dauer ein wahrhafter Tod ist, unsere Freuden verschlungen hat, was sollten wir ihr noch streitig machen, wenn sie sie uns nicht zurückgeben soll? Ach, ich lasse ihr ohne Bedauern alles, was nicht für dich bestimmt ist.

Ich werde mit jedem Tag trauriger, meine Freundin, und ich ergieße wider Willen auf das Papier das Gift, mit dem mein Herz getränkt ist. Du weißt wohl, daß zwei Zeilen, zwei Zeilen von Dir, mich schnell heilen würden. Und gewiß hast Du nicht weniger Not, die Klagen Deines Gabriel zu hören als er, Deinen Trost zu empfangen. Meine Sophie ist, weil sie weniger aufwallend ist, darum nicht weniger gefühlvoll. Und ich fühle alles, was sie in diesen gleichen Augenblicken der Erwartung und der Qual leidet, wo ich lauter, aber nicht bitterer seufze. Wer weiß sogar, ob der Vorzug, alles zu wissen, was ich nicht weiß, nicht eine Qual mehr für Dich, teure Gattin, ist? Ich hoffe wenigstens noch, und vielleicht hoffst Du nicht mehr.

Lebe wohl, meine Sophie-Gabriel, die ich liebe, die ich unendlich mehr anbete, als ich sagen und sie selbst es glauben kann. Ich sende Dir Millionen Küsse, die Du hinnehmen sollst und ich bitte es, dich kräftig zu regen, aber doch nicht so, daß es seine Mama belästigt. Ich liebe dies Kind sehr, aber es soll sich nicht danach gelüsten lassen, je mit meiner Sophie rivalisieren zu wollen.

Du willst mir durchaus nichts von Deiner Schwangerschaft berichten? Ach, wenn ich wenigstens wüßte, daß sie glücklich verläuft, daß Du wenig leidest, daß Du viel gehst, daß das arme Kleine sich regt! Meine liebe Freundin, ich glaube Dir in meinen ersten Briefen einige nützliche Ratschläge über das Verhalten gegeben zu haben, das Du in dieser Hinsicht beobachten mußt. Die stürmische Schwangerschaft, deren Zeuge und sehr aufmerksamer Beobachter ich gewesen bin, hat mich viel gelehrt. Sophie, kleide Dich weit, damit Dein Kind sich nach Wunsch legt. Iß gesunde Speisen, damit es ihm wohl geht und Dir auch. Gib Dich nicht Gelüsten hin, befriedige Deine Wünsche nach Maß, damit es nicht schwach wird, leckerhaft noch launisch. Und vor allem gehe viel, aber strenge Dich dabei nicht übermäßig an, damit Du Deine Niederkunft erleichterst. Ach, ich möchte über diese wichtige Revolution wachen, denn die Gesundheit der Frauen hängt von ihrer Niederkunft ab. Keine Torheiten und erst recht nicht Vorschriften von klugen Frauen, sie sind alle falsch, verderblich und unheilvoll.

Mirabeau an Sophie von Monnier

Unschätzbare Freundin

Ihr Brief ist zu schön, als daß ich ihm antworten könte. Mit Küsßen, mit Thränen der Entzückung mit gleich edeln Gesinnungen möchte ich Ihnen lieber antwohrten. Wie zärtlich dankte ich der Vorsehnung für Sie! Was für ein himlisches Herz ist das Ihrige. O glauben Sie, geliebteste Freundin, daß Sie nicht mehr geliebt werden könen, als ich Sie lieben werde. Ich bin fähig, den unendlichen Werth Ihrer Seele zu kennen und zu lieben, und ich bin stolz darauf, Ich freue mich mit einer süßen Ungeduld auf unser Wiedersehn. Wie himlisch sollen die Stunden seyn, die wir da verleben wollen!

Die Ode, die ich Ihnen schicke, drückt etwas von der großen Empfindung aus, die mir Ihr letztes Schreiben erweckte. Warum bin ich doch kein so schöner Geist als Herr Klopstock! Ich würde gleich auf Ihr liebes Schreiben geantwohrtet haben, wenn ich Ihnen nicht zugleich meinen „Frühling“ hätte übersenden wollen. Ich weiß nicht, ob Sie schon eine deutsche Poesie mit lateinischen Buchstaben gelesen haben.

Weil ich in beiden Gedichten mit Ihnen, himlische Freundin, rede und Ihnen das sage, was immer meine Gedanken beschäftigt, so will ich hier schließen. Ich umarme Sie auf das Zärtlichste, meine liebenswürdige Sophie, leben Sie vergnügt, und lieben Sie mich. Ja, göttliche Freundinn, wir wollen uns ewig lieben und gewiß, wir werden noch ein Beispiel von Glückseligkeit werden…

Christoph Martin Wieland an Sophie von Gutermann

Löwe aus Mitternacht

So nennt Euch der Volksmund. Ich bete allabendlich für Euch, ich habe Euch, den blauäugigen König gesehen und geliebt! Und dann sahet Ihr mich, und ich durfte Euch sprechen und Eure blonen Haare liebkosen. Und ihr küßtet mich. Mein König, ich bin nur eine einfache Magd, aber nun reicher als die Herrin auf dem Gutshof und wohl selbst als die Königin. Nie wird mich wieder ein anderer küssen, und sterbt Ihr, sterbe auch ich. Es ist gewiß eine Sünde, einen König zu lieben und mit ihm sterben zu wollen, aber es ist ja Krieg und überall der Tod. Da, so denke ich mir, muß rasch gesagt werden, was mich so glücklich macht, denn vielleicht morgen schon hört Ihr es nicht mehr, und ich kann es nicht mehr sagen, weil der Tod dazwischentrat. Und dann meint auch der Herr Pfarrer: Wenn gekämpft wird, ist manches Krumme gerade. So ist es wohl gar keine Sünde, Euch zu lieben und Euch dies zu sagen in diesem Briefe, bei dem mir die Alte im Dorf, die klug und weise ist wie keine andere, geholfen hat.

Ein Brief an Gustaf Adolf von Schweden, etwa 1631

Mein allerteuerster Freund

Mein allerteuerster Freund! Vergangenen Sonnabend habe ich das wichtigste Schreiben, welches ich noch von Ihren Händen erhalten, mit Vergnügen erbrochen und mit der reinsten Freude, die ein redliches, ein zärtliches Herz empfinden kann, gelesen. Fünf freudenlose Jahre haben mich durch mancherlei Widerwärtigkeiten zu dessen frohem Empfange bereitet. Diese langen Prüfungen haben mich die Beschaffenheit meiner Liebe, und die gerechten Gründe dazu, in ihrem ganzen Lichte sehen lassen. Diesen habe ich nun auch die Freimütigkeit zu danken, womit ich nicht allein Ihre mir ewig teure Zuschrift erhalten, sondern mit welcher ich auch diese Zeilen aufsetze. Ich habe nichts von alledem zu fürchten, was Sie mein einzig Geliebter, zu erwägen mir anraten. Ist es meinem Herzen schon damals unmöglich gewesen, den Eindruck zu vergessen, so Sie bei Ihrem Hiersein auf selbiges gemacht, da ich, ohne eine sträfliche Treulosigkeit zu begehen, meine Neigung noch ändern konnte; wie sollte es sich künftig eines Wankelmuts schuldig machen? Eines Fehlers, der nicht anders als mit der Verknüpfung des schändlichen Lasters begangen werden könnte und der mich selbst in meinen Augen verächtlich machen würde? Das beständige Andenken an meinen einzigen und besten Freund wird mich alle Augenblicke an meine Pflichten erinnern. Ich bin niemals durch Zwang zur Tugend genötigt worden; man hat mir ihre Vortrefflichkeit und ihren Wert sehr lebhaft vorgestellt; ihr zu folgen aber hat man meiner eigenen Wahl überlassen. Indessen ist mir dieselbe immer so unendlich schätzbar vorgekommen, dass ich sie aus eigenem freien Willen erwählet. Ich hatte mir fest vorgesetzt, alles Ungemach, was Ihr und Ihren treuen Nachfolgern oft zu begegnen pfleget, lieber zu ertragen, als dass ich auf eine lasterhafte Art glücklich zu sein hätte erwählen sollen. Die Tugend führet die, so sich ihr überlassen, und ganz zu eigen geben, auf den besten Weg; sie zeiget ihnen Glückseligkeiten, die, wenn sie nicht so sehr in die Augen fallen, dennoch von längerer Dauer sind als alle flüchtige, scheinbare Güter dieser Welt. Ich nehme hierbei unsre Freundschaft zum Zeugen. So herrlich hat zuletzt das Ende derselben werden müssen. Unsere Wünsche sind erfüllt. Jetzt liegt es nur noch an mir, Ihnen, mein auserwählter Freund, ein Herz völlig zu übergeben, das Ihnen die Vorsehung schon zugedacht hat und welches durch mancherlei Proben Ihrer Liebe würdig gemacht worden ist. Ich bin fest überzeugt, dass wir beide von Gott selbst einander bestimmt sind. Ich schließe dieses sowohl aus der wunderbaren Art, die unsere Bekanntschaft veranlsset, als auch aus dem geheimen freudigen Verlangen, damit ich immer gewünschet, Ihnen auf ewig anzugehören. Nun, im Namen Gottes, verspreche ich mich Ihnen, mein teuerster und bester Freund, auf mein ganzes Leben mit dem festen Vorsatz, Sie über alles in der Welt zu lieben und Ihnen treu zu sein bis in den Tod. Bei der Fortsetzung Ihrer Liebe wird mir alles Leiden erträglich sein und in meinem Gemüte keine Veränderung verursachen können. Nächsten Posttag sollen Sie ebenfalls ein sichtbares Zeichen zur Bestätigung dieser unserer Verlobung erhalten, weil ich heute nicht damit habe fertig werden können. Ich habe Sie nicht einen Posttag über die Gewissheit meiner Gesinnungen unruhig lassen wollen. Gott lasse den Segen meiner und auch Ihrer teuersten Eltern auf uns ruhen, so werden auch unsere äußerlichen Glücksumstände der inneren Zufriedenheit unserer Gemüter gemäß sein. Ich bitte mir die beständige Fortsetzung Ihrer Liebe aus die meinige verspreche ich Ihnen nochmals bis in mein Grab, und mit welchem Vergnügen unterschreibe ich mich heute zum erstenmal meines innigst geliebten Freundes verlobte Braut und ewig treue Freundin

Louise Adelgunde Kulmus an Johann Christoph Gottsched

Gute Nacht, du lieber Engel

Gute Nacht, du lieber Engel! Ach, bist du es, bist du es nicht, so öffne alle Adern deines weißen Leibes, dass das heiße schäumende Blut aus tausend wonnigen Springbrunnen spritze, so will ich dich sehen und aus den tausend Quellen trinken, bis ich berauscht bin und deinen Tod mit jauchzender Raserei beweinen kann, weinen wieder in dich all dein Blut und das meine in Tränen, bis sich dein Herz wieder hebt und du mir vertraust, weil das meinige in deinem Puls lebt. Oh, wenn du mich kenntest, du würdest den Mut verlieren, mich zu lieben, den du nicht fassen kannst, da du mich nicht kennst. – Ich weiß so unendlich viel, dass es mir das Herz zersprengt, es zu sagen, aber sprechen ist ein langsames Totmartern, und lägst du nur eine Nacht in meinen Armen, so solltest du dir meine Liebe an deinen warmen Brüsten ausbrüten und du wüsstest alles, was ich weiß, und brauchtest nicht mehr zu erschrecken über alles, was ich sagen darf, weil ich will. Wahrhaftig, liebes Kind, die Tugend ist zart und man kann nicht mit ihr sprechen, die Jugend soll vom Leben lernen, o du liebe Jugend, warum darf ich dich nicht lehren, nicht wahr, du liebst mich nicht? Ja, das tun die Leute, tue du es auch, denn du glaubst wohl auch, was die Leute wissen ist bös und das Geheime gut. Es mag dir wohl wunderlich werden bei diesen Worten, denn du magst allerhand, was man nicht soll, o ihr armen lieben zweibeinigen Engel in der Hölle und du, Gunderödchen, im Fräuleinstift, was habe ich euch so lieb ihr Teufel und ihr Engel; mein Herz ist keine arme Seele: Alles das schreibe ich in einem süßen drehenden Rausch, die Mondnacht und der Frühling haben sich nicht gescheut, vor meinen Augen das süße heilige Lebenswerk zu vollbringen, und damit das Bewusstsein solcher Wollust nicht verloren gehe, haben sie das Seufzen ihrer Liebe an dem Echo meines Busens gebrochen, und wie sie sich umarmten, verwandelten sie sich in eine goldne, süße, bittre, wollüstige Schlange, die mich mit den lebendigen, drückenden, zuckenden Fesseln ihres Leibes umwand. So saß ich am Berge und sah ins weite Tal, das sich wie ein leichter Berg auf mein Herz warf, und da riss ich die Kleider von mir, dass die Umarmung keuscher sei, wie der Blitz schnell und elektrisch, biss mir die goldne Schlange ins Herz und ringelte wie in gewundener Lust an mir herauf, sie vergiftete mich mit göttlichem Leben und in mir war ein anderes Leben, es zieht mir mit ergebendem Widerstand durch Adern und Mark, und die Schlange zog durch die Wunde nach und ringelt sich jetzt freudig und liebend um mein Herz, es ist zu viel, was ich habe. Drum beiße ich mir die Adern auf und will dir es geben, aber du hättest es tun sollen und saugen müssen. Öffne deine Adern nicht Gunderödchen, ich will dir sie aufbeißen. Oh, ich bin ein arabisches Ross, warum nicht, wenn ich dich hier hätte und du solche Hochzeiten feiern sähest neben mir, so sollte Mondnacht und Frühling uns das Echo sein, das ich ihnen war. (Wenn du mich nicht verstehst, so schreibe mir es, damit ich nicht mehr schreibe.)

Schreibe mir recht vernünftige Briefe, lieber Engel, und wenn du mich lieben kannst, so tue es, kein Tropfen solchen süßen Weins soll verloren gehen. Ich trinke deine Gesundheit mit jedem Blick, den ich in den Frühling tue, und jeder meiner Gedanken an dich ist eine Gesundheit, die ich dem Frühling zutrinke. Wenn du lieb bist, muss ich dich ja lieben, das ist der Liebe Wesen, mein Wesen und dein Wesen. Lebe wohl und habe den Mut, nur darum zu weinen, dass du nicht bei mir bist im Fleische sondern nur in Gedanken, denn beide sind eins, und nur im Abendmahl genießen wir den Gott, denn alles Wort muss Fleisch werden, auch dies Wort der Liebe.

Clemens Brentano an Karoline von Günderode

Sehnen und Verlangen

Die Kurfürstin an Albrecht Achilles
Ich laß’ Euer Lieb wissen mein groß Sehnen und Verlangen, daß ich nach Euer Lieb hab und wolt gern wissen, wie es ist mit Euer Lieb hab und wolt gern wissen, wie es ist mit Eurer Lieb zur Stund, ich kann kaum erharren, daß der Künzlin-Bot wieder einreit.

Albrecht Achilles an die Kurfürstin
Alle Vogel, die Du uns geschickt, haben uns geschmeckt! Wir wöllen Di den Pfeffer sparen bis heim auf neu Jahr! Wir wöllen bald heimkommen – Gott geb mit Freuden! Und pflicht Narrenteidinge drein Dein und der Jungfräulein halben und tu sonst recht in allen Sachen! Und wenn Du schreibst, Ihr wärt gern hier mit im burgundischen Feld, so möchte ich gern ein Zauberkäpplein haben und Euch darunterstecken.

Kurfürstin Anna und Albrecht Achilles (1475)

Dem züchtigen

Dem züchtigen und gelehrten Gesellen Philippo Melanchton dem Jüngern meinem guten Gönner zu Handen

Gottes Gnade und Friede durch Christum wünsche ich euch und ein glückseliges neues Jahr, herzallerliebster Philipp, Ihr traget noch in frischem Gedächtnisse, was ihr mit mir geredt habt zu Wittenberg, nämlich daß ihr mir angelobt, mich zu einem ehelichen Gemahl zu nehmen, und auf daß ich nicht möchte an euer Zusag zweifeln oder gedenken, es wäre euer Ernst nicht, habt ihr mir dieselbige Zusage, wie ihr wohl wisset, des Morgens erneuert, und endlich die Hand darauf gegeben, auch nachfolgends etliche Geschenk darauf überantwortet, und noch in meinem Abschied dieselbige Ehe in die Faust zugesagt, und mit ganz großem ernstem Schwure bestätigt, nämlich daß ihr immer und in Ewigkeit keine andere zu nehmen willens seid, und ich euer sei auch nicht von euch mag geschieden werden, denn durch den Tod. Die ihr solches alles wisst, und dieweil ich von euch gezogen und mich auf solche ofte Zusagung verlassen, wird ich armes Mägdlein nu nicht allein hie unbillig austragen, als solt ich mich heimlich hinter meiner Eltern Wissen mit euch verlobt, auch nachgegangen und keine Ruhe gehabt bis ihr mir die Ehe zugesagt. Welches alles denn so wahr Gott im Himmel ist, nicht also ist, sondern was ich getan habe, das habe ich mit Vorgedenken meiner Eltern und wohlbedacht aus reinem, fleißigen und steten Anliegen gethan, da selbst ihr mir denn, wie oben gesagt, so mit ernstem trefflichen Schwur die Ehe zugesagt. Aber itzund erfahre ich wie euer Vater mit dem meinen umgehen will, und gar ein nicht daraus machen, welches ich denn nicht recht verstehen noch ermessen kann, viel weniger mit unser beider gutem Gewissen gehen mag, und dieweil solche Zusagung zwischen uns beiden geschehen, auch anlangen thut unser eigen Gewissen, daß wir es vor Gott am jüngsten Tag verantworten müssen, acht ich kann und mag sie ohne unser beiden Verwilligung nicht zertrennt noch verhindert werden, wie denn euer Herr Vater wohl zu thun vermeinet. Und machet mich armes Mägdelein diese neue Mähr zu diesem neuen Jahr ganz betrübt und verrenkt, daß ich nicht weiß, was ich vorhaben soll, kann und mag weder essen noch trinken, weder schlafen noch wachen, also gar bin ich in meinem Gemüt zerrückt, zu welchem allen ihr eine einige Ursache seid, und ich besteh, so dieser Sach nicht recht geholfen werde, werde es mir großen Schaden tun. Deshalb bitt ich euch um Gotteswillen, wollet mich verständigen, was Euer Sinn sei, und worauf ihr bestehen wollt, und hierin ansehen die große wichtige Sache, die mich und euch nicht Leib und Leben, sondern den ewigen Zorn Gottes und seiner Strafe, und das ewige Nagen des Gewissens betreffen, und wiewohl ich mich mit meinem Gewissen so hoch, das Gott gedankt sei, nicht versündigt hab, auch nicht Gottes ewige Vermaledeiung und Zorn auf mich geladen hab, als ihr denn gethan, und nicht einmal sondern oft euch verflucht, wo solche Zusage von euch nicht gehalten werde, daß ihr Gottes Anlitz nimmermehr bestehen wollt, auch ewig des Teufels sein. Doch bin ich vor Gott neben euch und in meinem Gewissen also erhofft, daß ich fürcht, es würde mir armen Wesen nimmermehr wohlgehen, vielmehr aber euch. Derhalben damit euer und mein Gewissen rein bleibe vor Gott, und ich nicht teilhaftig werden möchte eurer Vermaledeiung und ergeben des Teufels, bitt ich euch nach und jetzt wie vor um Gottes willen, wollet in solchen wichtigen trefflichen Sachen die unser beider Seelen Seeligkeit anlangt, nicht unachtsam sein, oder darin zu Gefallen eurer Freundschaft und etlicher Menschen, Gottes ewigen Zorn, eure Vermaledeiung und ewiges Nagen des Gewissens auf euch laden, welches euch ach Gott im Himmel viel zu schwer würde sein, sondern allhie bedenken eurer Seele Seeligkeit und reines Gewissens vor Gott, mit welchem ihr sicherlich am jüngsten Tag vor Gott treten möget. Und zwar als ich aus der Rede eures Herrn Vaters vernommen, gedenkt mich hierin los zu zählen frei und ledig, als möchte ich wohl mich anderswo umsehen, welches einstweilen mir unmöglich ist, und euch viel mehr.

Werde auch mich damit, darzu mir Gott helfe, so bald nicht abweisen lassen. Dernach ihr euch wißt zu richten. Nachdem bitt ich noch und zum letzten wollet euer Gewissen in dieser Sachen fleißig und acht geben, daß ihr euch selbst nicht ein ewiges Verdamniß, dafür euch Gott behüte, aufladen möchtet. So denn also wollt ich lieber, daß ich euch nimmermehr gesehen hätt, denn eine einzige Ursach dazu gewest sein. Solches bitt ich, berherzigt bei euch, und schreibet mir eilends wieder, damit ich nicht also bekümmert, und da Gott vor sei, in ein Unglück fallen möchte, welches mir denn zu schwer wäre, und ihr eine einige Ursach. Damit Gott befohlen. Geben Leipzig Dienstag nach der der heiligen drei Könige Tag. Im Jahr 1544

Margareth Kuffners

 

Margarethe Kuffner an Philipp Melanchthon | ca. 1544

Du berichtest mir

Du berichtest mir, dass Du mich wegen einer vornehmen Person, einer großen Dame, mit der Du leben willst, verlassen wirst. Es dünkt mich, deine Eitelkeit tue sich was zugute, mich diese Neuigkeit wissen zu lassen. Ich weiß nicht, ob es der Hang Deines Herzens ist, aber ich zweifle daran, ich weiß, dass die Liebe keinen solchen Unterschied kennt, dass sie alle Frauen in zwei Klassen einteilt, die schönen und die hässlichen. Ich weiß auch, dass ein junges Mädchen von sechzehn Jahren immer mehr wert war und immer mehr wert sein wird als eine dicke Vettel von vierzig Jahren, wenn sie auch aus bourbonischem Geblüt abstammte. Überlege es, ich gebe Dir vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit, und sei versichert, dass Du nicht zweimal das gleiche Ding finden wirst. Glaube ja nicht dass ich etwa verlegen sei. Ich habe einen anderen Liebhaber, der Dich an Ansehen übertrifft und jünger und frischer ist als Du; er ist so schön wie Adonis. Pfui! Wirst Du sagen, wenn ich Dir anzeige, dass es mein Perückenmacher ist. Aber große Seelen, die sich rühmen, dass sie zu leben wissen, geben öfters ihren Lakaien vor ihren Ehegatten den Vorzug. Frage Deine Geliebte; würdest Du wohl, hätte sie auf den Rang gesehen, in Ihrem Bett sein? Dieser will mich heiraten, allein ich mag nicht, denn ich könnte in Versuchung geraten, ihn am nächsten Morgen zum Hahnrei zu machen. Nun ist er´s auch zufrieden, mir alles anzuschaffen, alles, was er aufbringt, mit mir durchzubringen und wir werden noch etwas weiter hinaus sehen. Solange wir uns lieben, wird die Sache gut gehen. Leb wohl. Und überlege es Dir; ich habe jetzt eine Schwäche für Dich, sie dürfte bald vorüber sein und vergebens würdest Du sie dann wieder haben wollen, wenn Du deines vornehmen Frauenzimmers müde sein wirst. Der Perückenmacher wird Dich ausgestochen haben, Du wirst rasen, und ich werde Dich auslachen. Ich bin Deine Dienerin

Marie Jeanne Vaubernier an Duval | 1761

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